Stefan Döring, geboren am 7. 4. 1954 in Oranienburg. 1972 Abitur. 1974–1978 Elektronikstudium in Dresden (Dipl.-Ing.). 1978–1980 Entwicklungsingenieur für medizinische Elektronik in Hohenneuendorf. Danach mehrere Jahre Heizer in Berlin. Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern. Lebt und arbeitet als freier Schriftsteller und Übersetzer in Berlin. Seit 1994 Mitherausgeber der Zeitschrift „Sklaven“.
* 7. April 1954
von Oliver Herwig
Essay
Als Stefan Dörings Gedichtband „heutmorgestern“ 1989 im Programm „außer der Reihe“ des Aufbau-Verlags erschien, war die Realität bereits dabei, jede Fiktion zu überholen. Mit der Parole „Wir sind das Volk“ gewann die Bevölkerung der DDR unüberhörbar jene Sprachgewalt zurück, die so lange in den Händen der SED gelegen hatte. Mit ihrer friedlichen Revolution und der Welle des Umbruchs wurde auch das überwunden, wogegen Künstler – etwa diejenigen der Prenzlauer-Berg-Szene – literarisch wie medial rebelliert hatten. Mit der „Wende“ kam dem Band „heutmorgestern“ ein aktueller, quasi-dokumentarischer Charakter zu, um so mehr, als in ihm dezidierte Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen geübt wurde.
Reich an hintersinniger Ansprache, kühnen Wortschlingen und analytischem Sprachspiel, präsentierte sich Dörings Lyrik als literarische Maske und bevorzugter Träger unterschwelliger Botschaften, deren Sprengkraft allein durch die Strenge ihrer Kompositionen im Zaum gehalten wird. Ganz reale Bezüge etwa verliehen dem Poem „mitmachen ...